

Christopher Kliebenstein
Experte für Männergesundheit bei Adon Health
Schlaf und Testosteron: Warum guter Schlaf für Männer so entscheidend ist
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Schlaf ist kein Luxus, er ist eine physiologische Notwendigkeit. Besonders für Männer zwischen 25 und 60 Jahren, die mit sinkender Energie, nachlassender Libido oder Muskelabbau kämpfen, kann Schlaf ein entscheidender Hebel für die hormonelle Balance sein. Denn Testosteron, das zentrale Hormon für Vitalität und männliche Gesundheit, wird vor allem während des Schlafs produziert. Dieser Artikel beleuchtet den wissenschaftlich belegten Zusammenhang zwischen Schlaf und Testosteron und erklärt, wie Schlafmangel den Hormonhaushalt stört. Außerdem erklären wir Dir, welchen Einfluss eine Testosterontherapie (TRT) auf die Schlafqualität haben kann.
Was ist Testosteron und warum ist es so wichtig?
Testosteron ist das wichtigste männliche Sexualhormon. Es reguliert unter anderem Muskelaufbau, Knochendichte, Fettverteilung, Libido, Stimmung und kognitive Funktionen. Produziert wird es hauptsächlich in den Leydig-Zellen der Hoden unter Steuerung des luteinisierenden Hormons (LH) aus der Hypophyse. Bereits ab dem 30. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel im Durchschnitt um etwa 1 bis 2 % pro Jahr (Jones, 2012). Ein Defizit kann sich unter anderem in chronischer Müdigkeit, depressiver Verstimmung, Libidoverlust und Muskelabbau äußern (Ferreira & Mendonça, 2022, Shores et al., 2005).
Der zirkadiane Rhythmus: Warum der Testosteronspiegel morgens am höchsten ist
Testosteron wird rhythmisch ausgeschüttet. Morgens, besonders zwischen 7 und 10 Uhr, sind die Konzentrationen am höchsten (Vesper et al., 2010). Dieser Anstieg ist an den zirkadianen Rhythmus gekoppelt: In der Nacht, insbesondere in den REM-Phasen in der zweiten Nachthälfte, erreicht die Ausschüttung ihren Höhepunkt (Leproult et al., 2011).
Ein gestörter zirkadianer Rhythmus durch Schichtarbeit, Jetlag oder unregelmäßiges Schlafverhalten kann die hormonelle Balance empfindlich stören.
Wie Schlaf die Testosteronproduktion beeinflusst
Bereits eine einzige Nacht mit reduziertem oder unterbrochenem Schlaf kann den Testosteronspiegel am Folgetag signifikant senken (Luboshitzky et al., 2001). Eine Studie der University of Chicago zeigte: Nur fünf Stunden Schlaf pro Nacht über eine Woche hinweg reduzierten den Testosteronspiegel gesunder Männer um 10 bis 15 % (Leproult et al., 2011).
Auch die Studienlage bei älteren Männern bestätigt diesen Zusammenhang: Weniger als sechs Stunden Schlaf pro Nacht gehen mit einem signifikant höheren Risiko für Testosteronmangel einher (Zhou et al., 2023).
REM-Schlaf: Die hormonell aktive Phase
Der REM-Schlaf ist entscheidend für die Testosteronsynthese. In dieser Phase steigt die Testosteronsekretion stark an, insbesondere bei ununterbrochenem Schlaf (Luboshitzky et al., 2001). Wer nachts häufig aufwacht, etwa durch Stress oder Schlafapnoe, verliert wertvolle REM-Zeit und damit wichtige Testosteronproduktion.
Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass Männer mit einem hohen Anteil an REM-Schlaf tagsüber signifikant leistungsfähiger und resistenter gegenüber Stress reagierten – eine indirekte Wirkung des hormonellen Gleichgewichts.
Was passiert bei Schlafmangel?
- Erhöhter Cortisolspiegel: Schlafmangel führt zu einem Anstieg des Stresshormons Cortisol. Dieses wirkt antagonistisch zu Testosteron und hemmt dessen Produktion direkt über verschiedene Hormonachsen (Wittert, 2014). Mehr zu Stress und Testosteron erfahrt ihr in diesem Blogartikel: Stress im Griff – gesund und leistungsfähig bleiben als Mann
- Reduktion von LH und GnRH: Schlafmangel beeinträchtigt die Ausschüttung von LH und GnRH, die für die Testosteronproduktion essenziell sind (Anaissie et al., 2017).
- Erhöhtes Risiko für Stoffwechselstörungen: Chronischer Schlafentzug fördert Insulinresistenz, Gewichtszunahme und Fettansammlung – alles Faktoren, die den Testosteronspiegel weiter senken.
- Zunahme psychischer Symptome: Männer mit Testosteronmangel durch Schlafdefizit klagen häufig über Antriebslosigkeit, Reizbarkeit und depressive Verstimmungen.
Der Teufelskreis: Testosteronmangel verschlechtert den Schlaf
- Gestörte Schlafarchitektur: Ein niedriger Testosteronspiegel führt zu weniger Tiefschlaf- und REM-Phasen. Die Folge sind ein nicht erholsamer Schlaf und tägliche Erschöpfung (McBride et al., 2016).
- Erhöhte Aufwachfrequenz: Männer mit Hypogonadismus wachen nachts häufiger auf. Das reduziert die Gesamtschlafzeit und unterbricht die hormonelle Regeneration (McBride et al., 2016).
- Zunahme von Schlafstörungen: Niedriges Testosteron ist mit einer höheren Prävalenz von Ein- und Durchschlafproblemen verbunden. Eine gezielte Behandlung des Hormonmangels kann hier Abhilfe schaffen (Shlykova et al., 2020).
Schlafapnoe: Der verdeckte Testosteronräuber
- Reduktion der REM-Zeit: Schlafapnoe unterbricht den REM-Schlaf und führt zu einem messbaren Rückgang des Testosteronspiegels. Die hormonelle Regeneration wird stark beeinträchtigt.
- Erhöhtes Risiko für Testosteronmangel: Männer mit unbehandelter Schlafapnoe haben häufig deutlich niedrigere Testosteronwerte als gesunde Schläfer (Gambineri et al., 2003).
- Wichtige Screening-Maßnahme: Vor Beginn einer TRT ist ein Screening auf Schlafapnoe empfehlenswert, um Risiken zu minimieren.
TRT und Schlaf: Was sagt die Studienlage?
- Verbesserte REM-Phasen: Studien zeigen, dass eine ärztlich kontrollierte TRT die Dauer und Qualität des REM-Schlafs verbessern kann. Besonders hypogonadale Männer profitieren davon (Barrett-Connor et al., 2008).
- Erhöhte Schlafeffizienz: TRT kann die Einschlafzeit verkürzen und die Schlafeffizienz steigern. Viele Patienten berichten von erholsamerem und tieferem Schlaf (Barrett-Connor et al., 2008).
- Vorsicht bei Überdosierung: Wird Testosteron in zu hohen Dosen, z. B. beim Doping, eingenommen, kann es zu Schlafstörungen und zentraler Schlafapnoe kommen. Eine ärztlich begleitete TRT vermeidet solche Risiken (Liu et al., 2003).
Handlungsempfehlungen: So optimierst Du Deinen Schlaf, und damit Deinen Testosteronspiegel
- Fester Schlafrhythmus: Gehe jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett, auch am Wochenende. Ein stabiler zirkadianer Rhythmus fördert die natürliche Testosteronproduktion (Vesper et al., 2010).
- Blaulicht vermeiden: Reduziere Bildschirmzeit mindestens eine Stunde vor dem Schlafengehen. Blaulicht hemmt die Melatoninbildung, die Dich schneller einschlafen lässt (Leproult et al., 2011).
- Optimale Schlafumgebung schaffen: Achte auf Dunkelheit, Ruhe und eine Raumtemperatur zwischen 16 und 18 °C (Luboshitzky et al., 1999).
- Abendliche Reize vermeiden: Kein intensiver Sport oder schweres Essen vor dem Schlafen (Leproult et al., 2011).
- Stressreduktion: Achtsamkeitstraining kann Cortisol senken und die Schlafqualität verbessern (Wittert, 2014).
- Substanzkarenz: Vermeide Alkohol, Nikotin und Koffein (McBride et al., 2016).
- Mikronährstoffe sicherstellen: Zink und Magnesium unterstützen Schlaf und Testosteronproduktion (Davis et al., 2015).
- Frische Luft und Tageslicht: Sonnenlicht am Morgen verbessert die Melatoninregulation (Vesper et al., 2010).
🎧 Tipps zum Thema Schlaf gibt Chefarzt und Schlafexperte Dr. Martin Schlott im unserem Männergesundheit Podcast. Hier gehts zur Folge.
Fazit
Schlaf ist die Grundlage männlicher Gesundheit und ein Schlüssel zur natürlichen Testosteronproduktion. Wer regelmäßig schlecht schläft, riskiert hormonelle Dysbalancen mit weitreichenden Folgen: Libidoverlust, Muskelschwäche, mentale Erschöpfung. Gleichzeitig kann ein Testosteronmangel den Schlaf negativ beeinflussen.
Die gute Nachricht: Schon kleine Veränderungen im Alltag – besserer Schlaf, weniger Stress, gezielte Bewegung – können große hormonelle Effekte erzielen. Und: Eine individuell angepasste Testosterontherapie unter ärztlicher Aufsicht kann nicht nur die Symptome eines Mangels lindern, sondern auch den Schlaf verbessern, wenn alle Faktoren sorgfältig abgeklärt sind.