

MD Niklas Marizy
Arzt und Head of Medical bei Adon Health
Prostatakrebs: Früherkennung, Symptome und der Einfluss von Testosteron
Inhaltsverzeichnis
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern – allein in Deutschland erhalten jedes Jahr rund 65.000 Männer diese Diagnose. Doch obwohl das Thema viele betrifft, wird selten offen darüber geredet.
Viele Männer meiden Vorsorgeuntersuchungen oder beschäftigen sich erst mit ihrer Gesundheit, wenn Symptome auftreten. Dabei gilt gerade für Prostatakrebs (Prostatakarzinom): Früh erkannt, ist die Erkrankung gut behandelbar.
Doch was sind die Risikofaktoren? Welche Symptome sollten ernst genommen werden? Und beeinflusst eine Testosteron-Therapie (TRT) das Risiko für Prostatakrebs?
Die Prostata
Die Prostata ist eine kleine, aber äußerst wichtige Drüse im männlichen Körper. Sie hat etwa die Größe und Form einer Kastanie und befindet sich direkt unterhalb der Blase, um die Harnröhre herum. Ihre Hauptfunktion liegt in der Produktion eines speziellen Sekrets, das einen wesentlichen Bestandteil der Samenflüssigkeit bildet. Dieses Sekret enthält Enzyme, Proteine, Fruktose und Zink, die nicht nur die Spermienbeweglichkeit unterstützen, sondern auch als Energiequelle für Spermien dienen (Verze et al., 2016).
Zusätzlich spielt die Prostata eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle des Harnflusses: Da sie die Harnröhre umschließt, kann eine Vergrößerung oder Entzündung der Drüse das Wasserlassen erschweren (Mobley et al., 2015). Mit zunehmendem Alter kann es zudem zu verschiedenen Erkrankungen der Prostata kommen – von gutartigen Vergrößerungen bis hin zu bösartigen Veränderungen wie Prostatakrebs. Daher ist es besonders wichtig, die Prostata regelmäßig ärztlich untersuchen zu lassen, um mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Prostatakrebs entwickelt sich, wenn sich Zellen in der Prostata unkontrolliert vermehren und ein Tumor entsteht. Häufig wächst das Karzinom zunächst langsam und bleibt über Jahre symptomlos – genau das macht die Früherkennung so wichtig. In frühen Stadien ist Prostatakrebs gut behandelbar, während eine späte Diagnose die Therapie erschwert.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen jedoch, dass es bestimmte Risikofaktoren gibt, die das Erkrankungsrisiko signifikant erhöhen können. Einige dieser Faktoren sind unveränderlich, wie Alter und genetische Veranlagung, während andere – zum Beispiel Ernährung und Bewegung – durch den Lebensstil beeinflusst werden können (Pienta, 1993).
Risikofaktoren: Was kann ich tun?
1. Alter: Der wichtigste Risikofaktor
Das Risiko für Prostatakrebs nimmt mit zunehmendem Alter deutlich zu. Laut epidemiologischen Studien treten über 80 % aller Prostatakarzinome bei Männern über 60 Jahren auf. Im Gegensatz dazu erkranken Männer unter 50 nur selten an Prostatakrebs (Rawla, 2019).
2. Genetische Veranlagung: Familiäre Häufung verdoppelt das Risiko
Genetische Faktoren spielen eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Prostatakrebs. Männer, deren Vater oder Bruder an Prostatakrebs erkrankt ist, haben ein 2- bis 3-fach erhöhtes Risiko, selbst an der Krankheit zu erkranken (Hjelmborg et al., 2014). Daher wird Männern mit positiver Familienanamnese für Prostatakrebs empfohlen, früher mit der Vorsorge zu beginnen.
3. Hormonelle Faktoren: Testosteron und Prostatakrebs
Testosteron, das wichtigste männliche Sexualhormon, spielt eine Schlüsselrolle im Wachstum der Prostata. Daher wurde lange vermutet, dass hohe Testosteronwerte das Risiko für Prostatakrebs erhöhen. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen jedoch, dass ein normaler Testosteronspiegel oder eine Testosteron-Ersatztherapie (TRT) nicht zu einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs beitragen (Morgentaler & Traish, 2009, Pernar et al., 2018). Dabei werden jedoch regelmäßige ärztliche Kontrollen empfohlen.
4. Lebensstil und Ernährung: Einfluss von Fett, Zucker und Bewegung
Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Bewegung spielen eine immer größere Rolle in der Krebsforschung. Studien konnten zeigen, dass ungesunde Ernährungsgewohnheiten das Risiko für Prostatakrebs erhöhen können.
Ernährungsfaktoren, die das Risiko steigern können:
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Hoher Fettkonsum: Eine fettreiche Ernährung – insbesondere gesättigte Fette aus rotem Fleisch und verarbeiteten Lebensmitteln – wird mit einem höheren Risiko in Verbindung gebracht (Pelser, 2013).
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Übermäßiger Zuckerkonsum: Erhöhte Insulinspiegel und metabolische Störungen fördern Entzündungsprozesse, die das Wachstum von Krebszellen begünstigen können (Giovannucci et al., 2010).
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Wenig Gemüse und Ballaststoffe: Eine Ernährung mit wenig Obst, Gemüse und Antioxidantien kann den Körper anfälliger für Zellschäden machen. Dabei gibt es Hinweise, dass Kaffee, Tee sowie Lycopene aus Tomaten protektive Effekte ausüben (Vance et al., 2013).
Positive Faktoren, die das Risiko senken:
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Mittelmeer-Diät: Reich an Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und gesunden Fetten – Studien zeigen, dass Männer mit dieser Ernährung ein niedrigeres Prostatakrebsrisiko haben (Dhillon, 2022).
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Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität senkt nicht nur das Risiko für aggressive Tumorformen, sondern verbessert auch die allgemeine Hormonbalance (Friedenreich et al., 2016).
Prostatakrebs erkennen: Symptome, die Du nicht ignorieren solltest
Prostatakrebs zählt zu den tückischsten Krebsarten, weil er in frühen Stadien oft keine Beschwerden verursacht. Genau das macht ihn so gefährlich: Viele Männer bemerken erst dann Symptome, wenn der Tumor bereits gewachsen ist oder sich auf das umliegende Gewebe ausbreitet (Rawla, 2019).
Daher ist es entscheidend, regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen – insbesondere ab dem 45. Lebensjahr oder früher, wenn eine familiäre Vorbelastung vorliegt. Dennoch gibt es einige Alarmsignale, die Männer ernst nehmen sollten. Bedenke dabei, dass die Symptome unter anderem auch durch andere Erkrankungen, wie z.B. eine gutartige Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH) oder eine Prostataentzündung verursacht werden können.
1. Veränderungen beim Wasserlassen
Da die Prostata die Harnröhre umschließt, kann ein wachsender Tumor den Harnfluss beeinträchtigen. Häufig treten folgende Beschwerden auf:
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Häufiger Harndrang, insbesondere nachts (sog. Nykturie)
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Schwacher oder unterbrochener Harnstrahl (Gnanapragasam et al, 2022)
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Schwierigkeiten beim Wasserlassen wie Schmerzen oder ein brennendes Gefühl
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Blut im Urin (Hämaturie) (Hansen et al, 2022)
2. Schmerzen im Beckenbereich, in der Leiste oder im unteren Rücken
Bei bereits vorliegendem Tumor, können weitere Beschwerden durch Ausbreitung in umliegende Geweben dazukommen, darunter:
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Chronische Beckenschmerzen unter anderem in der Leistengegend
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Rückenschmerzen der Lendenwirbelsäule (Ruppert et al. 2022)
Rückenschmerzen bei Prostatakrebs treten häufig im Rahmen einer fortgeschrittenen Erkrankung auf, insbesondere wenn es zu Metastasen in die Wirbelsäule oder das Becken kommt.
3. Erektionsstörungen (erektile Dysfunktion, ED)
Da die Prostata eng mit den Nervenbahnen verbunden ist, die für die Erektionsfähigkeit zuständig sind, können Tumorwachstum oder Behandlungen wie Operation und Bestrahlung die Potenz beeinträchtigen (Hyun et al. 2012).
4. Ungewollter Gewichtsverlust und chronische Müdigkeit
Ein schneller ungewollter Gewichtsverlust innerhalb weniger Monate kann auf eine fortgeschrittene Krebserkrankung hinweisen (Nicholson et al. 2020). Darüber hinaus berichten Männer mit Prostatakrebs häufig über anhaltende Erschöpfung und chronische Müdigkeit, die nicht auf Schlafmangel oder Stress zurückzuführen sind (Schmidt et al., 2020).
Wie kannst Du also frühzeitig eine Veränderung erkennen?
Vorsorgeuntersuchung: das A und O
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind der Schlüssel zur Früherkennung und können die Heilungschancen erheblich verbessern (Rawla, 2019).
PSA-Test (Prostata-spezifisches Antigen) – der wichtigste Bluttest
Was ist der PSA-Test?
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Beim PSA-Test wird die Konzentration des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) im Blut gemessen.
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PSA ist ein Eiweiß, das von der Prostata gebildet wird und in geringer Menge im Blut nachweisbar ist (Loeb et al., 2017).
Wie wird der PSA-Test interpretiert?
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Ein erhöhter PSA-Wert kann auf eine gutartige Prostatavergrößerung, eine Entzündung oder Prostatakrebs hinweisen (Carlsson et al., 2022).
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Ein Anstieg des PSA-Wertes gegenüber einer vorherigen Messung (sog. PSA-Velocity) oder ein Wert über 4,0 ng/ml werden oft als auffällig betrachtet, aber auch niedrigere Werte können Hinweise auf eine Erkrankung geben (Leitlinie Prostatakarzinom)
Mögliche harmlose Ursachen für einen erhöhten PSA-Wert
Da der PSA-Wert jedoch durch weitaus harmlosere Ursachen ebenfalls erhöht sein kann und ein niedriger PSA-Wert einen Krebs nicht ausschließt, sollte er immer in Kombination mit anderen Untersuchungen bewertet werden (Verbeek et al. 2018). Zu den nicht krankhaften Faktoren, die zu einer PSA-Erhöhung führen können, gehören:
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Ejakulation innerhalb der letzten 24–48 Stunden
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Radfahren oder andere mechanische Belastungen der Prostata
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Eine kürzlich durchgeführte digital-rektale Untersuchung (DRE)
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Harnwegsinfektionen oder eine akute Prostatitis
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Alterungsbedingte Schwankungen des PSA-Werts
Altersabhängige PSA-Normwerte
Der PSA-Wert ist auch altersabhängig, da sich die Prostata mit zunehmendem Alter vergrößert und natürlicherweise mehr PSA produziert. Daher gelten folgende altersabhängige PSA-Grenzwerte als Richtwerte:
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40–49 Jahre: bis 2,5 ng/ml
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50–59 Jahre: bis 3,0 ng/ml
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60–69 Jahre: bis 4,0 ng/ml
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≥ 70 Jahre: bis 5,0 ng/ml
Diese Werte sind jedoch nicht absolut und müssen individuell betrachtet werden (PSA-Wert Bestimmung | Prostata.de, n.d.).
PSA-Velocity (Anstiegsgeschwindigkeit)
Nicht nur der absolute PSA-Wert ist relevant, sondern auch, wie schnell er ansteigt. Die sogenannte PSA-Velocity beschreibt die Veränderung des PSA-Wertes über die Zeit. Ein Anstieg um mehr als 0,75 ng/ml pro Jahr kann ein Hinweis auf eine bösartige Veränderung sein und sollte genauer untersucht werden (PSA-Wert Bestimmung | Prostata.de, n.d.).
PSA-Quotient (fPSA/tPSA)
Der PSA-Quotient gibt das Verhältnis von freiem PSA (fPSA) zu gesamt PSA (tPSA) an.
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fPSA/tPSA > 25 % → eher Hinweis auf eine gutartige Prostataerkrankung
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fPSA/tPSA < 10 % → kann auf eine bösartige Veränderung hindeuten
(Prostata: Quotient Freies PSA/Gesamt-PSA | Labor Dr. Wisplinghoff, n.d.)
Digitale rektale Untersuchung (DRU) – das klassische Abtasten der Prostata
Bei der DRU führt der Arzt einen Finger in den Enddarm ein und tastet die Prostata auf Auffälligkeiten wie Verhärtungen oder Knoten ab. Die Untersuchung dauert dabei nur wenige Sekunden, ist jedoch für viele Männer unangenehm - trotzdem ist sie ein wichtiger Bestandteil der Vorsorge. Sie dient als ergänzende Untersuchung zum PSA-Test und kann mittlere bis größere Veränderungen der Prostata erkennen.
Wann solltest Du zur Vorsorge gehen?
Die regelmäßige Prostata-Vorsorge ist entscheidend, um Prostatakrebs frühzeitig zu erkennen und die Heilungschancen zu maximieren. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt dabei folgende Untersuchungsintervalle:
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Ab dem 45. Lebensjahr sollten Männer einmal jährlich eine Prostata-Untersuchung durchführen lassen. Diese umfasst in der Regel einen PSA-Test (Prostata-spezifisches Antigen) sowie eine digitale rektale Untersuchung (DRU), bei der der Arzt die Prostata auf Auffälligkeiten tastet.
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Männer mit familiärer Vorbelastung sollten bereits ab dem 40. Lebensjahr mit der Vorsorge beginnen. Studien zeigen, dass ein genetisches Risiko das Erkrankungsrisiko signifikant erhöht, weshalb eine frühzeitige Überwachung sinnvoll ist (Hjelmborg et al., 2014).
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Ab dem 50. Lebensjahr kann das Untersuchungsintervall auf alle zwei Jahre ausgedehnt werden, sofern die bisherigen Befunde unauffällig waren und keine zusätzlichen Risikofaktoren bestehen.
Je früher eine Diagnose gestellt wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten. Prostatakrebs wächst oft langsam, doch in aggressiveren Fällen kann eine frühzeitige Erkennung lebensrettend sein. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen bieten daher die beste Chance, mögliche Veränderungen frühzeitig zu entdecken und gezielt zu behandeln.
Mehr zum Thema Vorsorge erfährst Du auch in unserem Artikel „Vorsorgeuntersuchungen für Männer: Früh handeln, gesund bleiben“.
Der Zusammenhang zwischen Testosteron und Prostatakrebs: Ein Mythos?
Lange Zeit galt die Annahme, dass eine Testosteron-Ersatztherapie (TRT) das Risiko für die Entstehung von Prostatakrebs fördert. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen widerlegen jedoch diese Theorie und zeigen, dass kein direkter Zusammenhang zwischen einer TRT und einem erhöhten Risiko für Prostatakrebs besteht (Morgentaler & Traish, 2009; Michaud et al. 2015). Tatsächlich deuten einige Studien darauf hin, dass sehr niedrige Testosteronspiegel mit aggressiveren Tumorverläufen in Verbindung stehen können, da Testosteron eine regulierende Funktion im Zellwachstum der Prostata übernimmt (Morgentaler & Traish, 2009; Safi et al. 2024).
Dennoch sollten Männer, die eine TRT erhalten oder in Erwägung ziehen, regelmäßig ärztlich überwacht werden. Die PSA-Werte (Prostata-spezifisches Antigen) sollten regelmäßig überprüft werden, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen (Pernar et al., 2018). Besonders bei Männern mit einer familiären Vorbelastung oder bestehenden Prostataerkrankungen ist eine engmaschige Kontrolle wichtig. Die aktuelle Datenlage spricht daher nicht gegen eine TRT, sondern betont die Bedeutung regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und individuell zu bewerten.
Unser Fazit, Dein Wissen
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern, doch die gute Nachricht ist: Frühzeitig erkannt, sind die Heilungschancen sehr hoch. Da die Erkrankung in frühen Stadien meist keine Beschwerden verursacht, sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen essenziell.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass Alter, genetische Veranlagung, hormonelle Faktoren sowie Ernährung und Lebensstil maßgebliche Risikofaktoren sind. Während das Alter und die genetische Disposition nicht beeinflussbar sind, können Männer durch eine gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und ein bewusstes Gesundheitsmanagement aktiv zur Vorsorge beitragen. Achte auf Dich und lass Dich regelmäßig untersuchen!
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