Dr. med. Jonathan Apasu
Arzt und Mitgründer von Adon Health
Wie Testosteron die Partnerschaft beeinflussen kann
Inhaltsverzeichnis
Ein niedriger Testosteronspiegel kann erhebliche Auswirkungen auf die körperliche, emotionale und soziale Gesundheit Deines Partners haben und somit die Beziehung negativ beeinflussen. Wir erklären Dir, wie Testosteronmangel die Stimmung, das sexuelle Verlangen und die allgemeine Lebensqualität beeinträchtigt, und bieten Dir Einblicke, wie Du diese Veränderungen erkennen und Deinen Partner unterstützen kannst.
Er wirkt plötzlich zurückhaltender und weniger energiegeladen? Dein Partner hat keine Lust mehr auf gemeinsame Aktivitäten wie früher? Dahinter könnte ein Testosteronmangel stecken. Testosteron ist ein entscheidendes Hormon im Körper eines Mannes, das nicht nur seine körperliche Leistungsfähigkeit, sondern auch seine emotionale und soziale Gesundheit beeinflusst. Es spielt eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der Libido, der Stimmung und des allgemeinen Energieniveaus (Hintikka et al., 2009). Wenn der Testosteronspiegel sinkt, kann dies weitreichende Auswirkungen haben, die nicht nur das individuelle Wohlbefinden betreffen, sondern auch die Dynamik in Partnerschaften grundlegend verändern können (Roney & Gettler, 2015).
In diesem Artikel untersuchen wir den Einfluss von Testosteronmangel auf zwischenmenschliche Beziehungen, insbesondere Partnerschaften. Dabei geht es nicht nur um die offensichtlichen körperlichen Symptome, sondern auch um die subtileren emotionalen und psychologischen Veränderungen, die durch einen niedrigen Testosteronspiegel hervorgerufen werden können. Wir beleuchten, wie Schwankungen dieses wichtigen Hormons emotionale Verbindungen, Kommunikationsmuster und die allgemeine Beziehungsqualität beeinflussen können (Kornienko et al., 2016). Dieser Artikel soll Dir dabei helfen, die Veränderungen im Verhalten und Wohlbefinden Deines Partners zu erkennen und durch ein besseres Verständnis der Ursachen dieser Veränderungen Wege zu finden, Deinen Partner zu unterstützen und die Beziehung zu stärken.
Testosteronmangel: Weit verbreitet und oft unerkannt
Ein Testosteronmangel im Alter, auch bekannt als "Altershypogonadismus" oder "funktionaler Hypogonadismus", kommt weitaus häufiger vor, als oft bekannt ist. Studien weisen darauf hin, dass zwischen 10 und 40 % aller Männer unter einem Mangel leiden (Mulligan et al., 2008). Viel zu häufig wird dieser aber nicht erkannt und folglich auch nicht behandelt. Ab dem 30. Lebensjahr sinkt der Testosteronspiegel im Durchschnitt um 1-2 % pro Jahr, wodurch die Häufigkeit dieser Erkrankung mit dem Alter stark ansteigt (Stanworth & Jones, 2008). Aber nicht nur ältere Männer sind betroffen, auch vor dem 40. Lebensjahr können bereits Beschwerden auftreten.
Dabei handelt es sich keineswegs um ein "Lifestyle-Problem", sondern um eine ernst zu nehmende Erkrankung, die zwingend ärztlich abgeklärt werden sollte. Bei tatsächlicher Diagnosestellung eines manifesten Testosteronmangels kann dieser heutzutage mit einer ärztlich begleiteten Testosteronersatztherapie gut behandelt werden - wobei sich erste Effekte je nach Symptom in der Regel frühestens nach ca. vier Wochen einstellen. Durch diesen Ansatz kann die Lebensqualität Deines Partners und damit letztlich auch Deine eigene wieder deutlich verbessert werden (Haider et al., 2024).
Die Warnzeichen richtig erkennen
Ein Testosteronmangel kann eine Vielzahl von körperlichen, psychischen und emotionalen Symptomen verursachen. Dabei gibt es typische Anzeichen eines Mangels, aber auch weniger typische bzw. spezifische Symptome, die auf einen Testosteronmangel hindeuten können. Wenn Du bei Deinem Partner eines oder mehrere der nachfolgenden Symptome beobachtest, könnte ein Testosteronmangel die Ursache sein. Es ist wichtig, diese Anzeichen ernst zu nehmen und einen Arzt aufzusuchen, um eine genaue Diagnose zu erhalten und die bestmögliche Behandlung zu beginnen.
Häufige (klassische) Symptome eines Testosteronmangels
- Verminderte Libido: Ein deutlicher Rückgang des sexuellen Verlangens ist eines der häufigsten und auffälligsten Symptome (Hintikka et al., 2009).
- Erektionsstörungen: Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten, sind ebenfalls weit verbreitet (Wang et al., 2000).
- Müdigkeit: Männer mit niedrigem Testosteronspiegel fühlen sich oft erschöpft und haben wenig Energie (Wang et al., 2000).
- Muskelabbau: Ein Rückgang der Muskelmasse und -kraft kann auftreten, da Testosteron eine wichtige Rolle im Muskelaufbau spielt (Bhasin et al., 1997).
- Gewichtszunahme: Insbesondere die Zunahme von Bauchfett ist häufig zu beobachten (Wittert et al., 2003).
- Knochendichteverlust: Ein niedriger Testosteronspiegel kann zu einer verminderten Knochendichte und einem erhöhten Risiko für Osteoporose führen (Fink et al., 2006).
Weniger bekannte Symptome eines Testosteronmangels
- Stimmungsschwankungen: Testosteron beeinflusst die Stimmung, und ein Mangel kann zu Reizbarkeit, Angst und Depressionen führen (Hintikka et al., 2009).
- Konzentrationsprobleme: Männer mit Testosteronmangel können Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren und klar zu denken (Smith et al., 2018).
- Schlafprobleme: Schlaflosigkeit oder gestörter Schlaf sind ebenfalls mögliche Symptome (Agrawal et al., 2022).
- Hitzewallungen: Ähnlich wie bei Frauen in den Wechseljahren können Männer Hitzewallungen erleben (Harvard Health, 2021).
- Verringerte Motivation: Ein allgemeiner Mangel an Antrieb und Interesse an Aktivitäten, die früher Freude bereitet haben, kann auftreten (Zitzmann, 2020).
- Haarausfall: Obwohl dies auch genetisch bedingt sein kann, kann ein niedriger Testosteronspiegel zu Haarausfall beitragen (Jerjen et al., 2021).
Was viele nicht wissen: Die Testosteronproduktion bei Männern nimmt nicht automatisch mit steigendem Alter ab. Stattdessen liegen die Ursachen häufig in anderen Bereichen. Insbesondere klassische Volkskrankheiten wie Typ-2-Diabetes (Putta et al., 2017), Adipositas (Kelly & Jones, 2015), Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen tragen zu einer verminderten Testosteronbildung im Körper bei. Diese Erkrankungen treten oft erst im höheren Alter auf, was erklärt, warum viele ältere Männer betroffen sind (Tishova et al., 2024). Für detaillierte Informationen zum Zusammenhang zwischen der häufigen Volkskrankheit Typ-II-Diabetes und einem Testosteronmangel kannst Du unseren Artikel: „Warum Diabetiker unbedingt ihren Testosteronwert im Auge behalten sollten” lesen.
Darüber hinaus hat ein ungesunder Lebensstil einen erheblichen Einfluss auf den Testosteronspiegel. Eine unausgewogene Ernährung (Allen & Key, 2000) und mangelnde körperliche Aktivität (Riachy et al., 2020) können den Hormonhaushalt negativ beeinflussen und zu einem Abfall des Testosteronspiegels führen. Es ist daher wichtig, auf eine gesunde Lebensweise zu achten, um die Testosteronproduktion zu unterstützen und die allgemeine Gesundheit zu fördern.
Die Rolle von Testosteron in der Beziehung
Testosteron ist nicht nur für die körperliche Gesundheit von Männern essenziell, sondern spielt auch eine wichtige Rolle in ihren emotionalen und sozialen Beziehungen (Roney & Gettler, 2015). Ein gesunder Testosteronspiegel trägt maßgeblich dazu bei, dass Männer sich energiegeladen und motiviert fühlen. Diese Energie und Motivation sind nicht nur im Alltag, sondern auch in der Partnerschaft wichtig. Ein niedriger Testosteronspiegel kann zu Müdigkeit und Antriebslosigkeit führen, was die Bereitschaft zur Teilnahme an gemeinsamen Aktivitäten und die Qualität der gemeinsamen Zeit beeinträchtigen kann. Aktivitäten, die früher Freude und Verbundenheit brachten, können ihm nun gleichgültig erscheinen oder sogar als Belastung empfunden werden (Zitzmann, 2020).
Falls Dein Partner sich in letzter Zeit verändert hat und keine Lust mehr auf gemeinsame Aktivitäten wie Radfahren, Spazierengehen, Treffen mit Freunden oder Restaurantbesuche hat, könnte also ein zu niedriger Testosteronspiegel die Ursache sein.
Emotionale Verbindungen und Stimmungsschwankungen
Ein niedriger Testosteronspiegel kann zu erheblichen Stimmungsschwankungen und sogar zu Depressionen führen (Hintikka et al., 2009). Männer mit Testosteronmangel berichten häufig von einem allgemeinen Gefühl der Erschöpfung und Reizbarkeit. Diese ständige Müdigkeit und Gereiztheit können das emotionale Gleichgewicht eines Mannes stark beeinträchtigen, was sich wiederum negativ auf die Partnerschaft auswirkt (Edelstein et al., 2014).
Stimmungsschwankungen können dazu führen, dass Männer weniger geduldig und verständnisvoll sind, was zu vermehrten Konflikten und Missverständnissen in der Beziehung führen kann. Ein Mann, der sich zuvor durch eine ausgeglichene und fröhliche Art auszeichnete, kann plötzlich gereizt und unnahbar wirken. Diese Veränderungen können für den Partner schwer nachvollziehbar und belastend sein. Wenn Dein Partner plötzlich emotional distanziert wirkt oder weniger Lust hat, Zeit mit Dir zu verbringen, kann dies ebenfalls ein Anzeichen für einen Testosteronmangel sein.
Diese emotionalen Veränderungen beeinträchtigen die Qualität der gemeinsamen Zeit und schwächen die emotionale Verbindung. Die Beziehung kann darunter leiden, wenn nicht verstanden wird, dass diese Veränderungen möglicherweise auf einen medizinischen Zustand zurückzuführen sind. Es ist wichtig, diese Anzeichen ernst zu nehmen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um die Beziehung zu stärken und das Wohlbefinden beider Partner zu verbessern (Tyborowska et al., 2023).
Kommunikation und Konflikte
Testosteron beeinflusst auch die Art und Weise, wie Männer kommunizieren und auf Konflikte reagieren. Ein Mangel an diesem Hormon kann dazu führen, dass Männer zurückhaltender oder sogar gereizter auf Diskussionen reagieren. Dies kann die Kommunikation in der Beziehung erschweren und zu Missverständnissen führen (Knight et al., 2022).
Körperliche Symptome und ihre Auswirkungen auf die Beziehung
Die körperlichen Symptome eines Testosteronmangels können das Sexualleben und die Intimität in einer Beziehung stark beeinflussen. Zu den häufigsten körperlichen Symptomen gehören verminderte Libido und Erektionsstörungen (Hintikka et al., 2009). Diese Probleme können das Selbstbewusstsein und das Wohlbefinden Deines Partners erheblich beeinträchtigen und zu Unsicherheiten und Frustration bei beiden Partnern führen (Dalton & Ghosal, 2018). Eine verminderte Libido kann dazu führen, dass Dein Partner weniger Interesse an sexueller Intimität zeigt. Dies kann Missverständnisse und Unsicherheiten in der Beziehung hervorrufen, da sich der andere Partner möglicherweise zurückgewiesen oder weniger begehrt fühlt. Die sexuelle Verbindung ist ein wesentlicher Bestandteil vieler Partnerschaften, und ein Rückgang des sexuellen Interesses kann das Gefühl der Nähe und Verbundenheit beeinträchtigen.
Erektionsstörungen sind ein weiteres häufiges Symptom eines Testosteronmangels. Männer, die Schwierigkeiten haben, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten, können sich enttäuscht und verunsichert fühlen (Wang et al., 2000). Diese Probleme können zu Stress und Angst führen, was die sexuelle Intimität weiter erschwert. Der Druck, „performen“ zu müssen, kann die Situation verschlimmern und zu einem Teufelskreis aus Versagen und Frustration führen.
Was Du tun kannst
Wenn Du vermutest, dass Dein Partner unter Testosteronmangel leidet, ermutige ihn, einen Arzt aufzusuchen. Eine Diagnose und entsprechende Behandlung können helfen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Zudem ist es wichtig, geduldig und unterstützend zu sein. Offene Kommunikation und Verständnis können dazu beitragen, die Beziehung trotz der Herausforderungen zu stärken.
Unser Fazit, Dein Wissen
Ein gesunder Testosteronspiegel ist entscheidend für die emotionale und körperliche Gesundheit eines Mannes und hat einen großen Einfluss auf seine Beziehungen. Testosteronmangel kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die sowohl das individuelle Wohlbefinden als auch die Dynamik in einer Partnerschaft beeinträchtigen können. Von vermindertem sexuellen Verlangen über Stimmungsschwankungen bis hin zu körperlicher Erschöpfung – die Auswirkungen eines niedrigen Testosteronspiegels sind vielfältig und oft belastend.
Indem Du Dich über die Symptome und Auswirkungen eines Testosteronmangels informierst, kannst Du frühzeitig Anzeichen erkennen und Deinem Partner die notwendige Unterstützung bieten. Eine offene Kommunikation über diese Themen ist entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und gemeinsam Lösungen zu finden. Medizinische Beratung und mögliche Behandlungen, wie eine Testosteronersatztherapie, können dabei helfen, die Lebensqualität Deines Partners und damit auch Deine eigene deutlich zu verbessern. Ein gemeinsamer Weg zur Bewältigung dieser Herausforderungen kann die Partnerschaft sogar stärken. Du zeigst Deinem Partner nicht nur Verständnis und Unterstützung, sondern trägst auch aktiv zur Verbesserung seiner Gesundheit und Eurer Beziehung bei.